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Susanne Wille bringt Zuversicht in die SRG

Susanne Wille ist die erste Frau an der Spitze der SRG. Die frühere TV-Moderatorin und SRF-Kulturchefin verfügt über eine ganze Reihe von herausragenden Qualitäten. Und die wird sie auch brauchen. Denn die Aufgabe, den Koloss SRG in eine erfolgversprechende Zukunft zu führen, ist die schwierigste überhaupt in der Schweizer Medienlandschaft.

von Karl Wild

Für die einen war es ein «Knall», für andere eine Ablösung mit Ansage, als Gilles Marchand im Januar 2024 nach sieben Jahren als Generaldirektor der SRG zurücktrat. Jedenfalls waren die Stimmen immer lauter geworden, die Marchand für die falsche Person hielten, um die grossen Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Die sind nämlich happig: Der Bundesrat senkt die Empfangsgebühren für Radio- und TV für Privatpersonen von aktuell 335 auf 300 Franken; für kleinere und mittlere Unternehmen soll sie ganz wegfallen.

Voraussichtlich im Frühling 2026 wird das Volk dann über die Halbierungsinitiative abstimmen, die die Gebühren gar auf 200 drücken will. Und 2027 wird über die neue Konzession verhandelt. Neben dem politischen Druck hat man auch noch mit sinkenden Zuschauerzahlen und wegbrechenden Einnahmen aus Werbung und Sponsoring zu kämpfen. Marchand, vor seiner Berufung an die Spitze der SRG Direktor des Westschweizer Fernsehens TSR, reagierte auf die Problematik der SRG einmal mit dem unglücklichen Satz: «Ein Angriff auf die SRG ist ein Angriff auf die Schweiz.» Die Aussage fiel ihm schwer auf den Kopf, auch wenn er sie später zu relativieren versuchte.

Wenig zum Ansehen von Marchands Job trug auch Kurt Zimmermann bei. Der Ex- Chefredaktor und Ex-Medienmanager, heute Unternehmer und führender Medienkritiker im Land, nannte den SRG-Generaldirektor in seiner «Weltwoche»-Kolumne einmal den «obersten Bürolisten von Radio und Fernsehen mit einem anspruchslosen 40-Prozent-Job». Sein 520 000-Franken- Gehalt müsse Marchand «mit pausenlosen Sitzungen rechtfertigen», so Zimmermann, dessen wortgewaltige Ausführungen nicht immer ganz ernst zu nehmen sind, aber stets ein Körnchen Wahrheit enthalten.

«Sie ist um einiges bescheidener als ihre Vorgänger.»

Susanne Wille bringt Zuversicht in die SRG 1

Susanne Wille wird zugetraut, das Schlimmste abzuwenden.

Jedenfalls wurde allen Beteiligten zunehmend klar, dass eine andere Person her musste, um die ebenso neuen wie anspruchsvollen Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Und bald rutschte der Name Susanne Wille in die Favoritenrolle. Selbst die Journalistinnen und Journalisten wünschten sich Anfang 2024 in einer Umfrage des Branchenblatts «Journalist» die SRF-Kulturchefin als Marchand-Nachfolgerin. Auf Wille entfiel knapp die Hälfte aller Journi-Stimmen. Dahinter folgte Ringier- Managerin Ladina Heimgartner. SRF-Direktorin Nathalie Wappler, die ebenfalls als aussichtsreiche Anwärterin gehandelt wurde, erklärte später, sie habe sich gar nie beworben.

Was die Journalistinnen und Journalisten ihrer Kollegin Susanne Wille hoch anrechnen: Auch wenn sie ehrgeizig ist und genau weiss, was sie will, bleibt sie bescheiden, kann zuhören und andere Meinungen akzeptieren. Und sie ist stark in der Kommunikation. Auch in der Öffentlichkeit. Sie gilt als begabte Netzwerkerin, die Gesprächspartner für sich einzunehmen versteht. Auch die Serien, die sie als SRF-Kulturchefin lancierte, kamen beim Publikum gut an. «Tschugger» zum Beispiel. Dass ihre Reorganisation des Newsrooms beim SRF keine Meisterleistung war, wird ihr grosszügig nachgesehen.

Susanne Wille bringt Zuversicht in die SRG 2

Strahlend nach der Wahl: Susanne Wille mit Vorgänger Gilles Marchand (links) und SRG-VR-Präsident Jean-Michel Cina.

Unter dem Strich wird ihr selbst von wenigen verbleibenden Skeptikern zugetraut, das Schreckensszenario eines Gebühren- Kahlschlags abzuwenden. Auch das Verhältnis der SRG-Spitze zu Medienminister Albert Rösti dürfte sich dank der neuen Generaldirektorin entspannen. Der SVPBundesrat hat nämlich immer weniger Verständnis für die ständigen Klagen der TVVerantwortlichen. Sympathisch ist auch, dass die erste Frau an der Spitze der SRG etwas weniger selbstbewusst (oder gar selbstherrlich) auftritt als ihre Vorgänger Roger de Weck und Marchand. So betont Wille etwa ausdrücklich, die privaten Medienhäuser sollen durch die SRG nicht konkurrenziert werden, es gebe ein Miteinander. Allein damit hat sie viele Punkte gesammelt.

Von der Delegiertenversammlung einstimmig gewählt, übernahm Susanne Wille am 1. November 2024 den wohl schwierigsten Job in der helvetischen Medienlandschaft. Sie will und muss die SRG mit ihren 7000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern grundlegend umbauen und die grösste Transformation in der Geschichte des Unternehmens in die Wege leiten. Bis 2029 sollen 270 Millionen Franken eingespart werden – eine riesige Summe, 17 Prozent des Budgets. Und sie stand auch gleich im Gegenwind. Die SRG kündige Sparprogramme an, doch Ausgaben und Personalbestand würden weiter steigen, schrieben die Zeitungen von CH Media im vergangenen April. Schon in den Jahren zuvor seien die angekündigten Sparprogramme der SRG nur teilweise umgesetzt worden, hiess es weiter. In ihrem darauf folgenden Gastbeitrag in der «Schweiz am Sonntag» widersprach Susanne Wille vehement und überzeugend dem Vorwurf, die SRG könne nicht sparen und baue nur weiter aus.

«Meine Karriere habe ich nie so genau geplant.»

Abgesehen davon, dass die Hauptkritik ohnehin nicht in ihre junge Amtszeit fällt, wird man die neue Generaldirektorin an ihren eigenen Taten messen müssen. Und die haben bereits für allerhand Aufregung gesorgt. So wurden im Zuge der Sparmassnahmen verschiedene SRF-Sendungen mit erheblichen Nebengeräuschen eingestellt oder ihre Produktion umgestellt.

Dazu gehören unter anderem die Fernsehsendungen «Gesichter & Geschichten», «Trend», «Kontext» und das «Wissenschaftsmagazin ». Auch den Podcast «Zivadiliring» gibt es nicht mehr. Kritiker monieren, es gäbe anderes, das man hätte kippen müssen. Die zunehmend peinlichen Kochsendungen zum Beispiel. «Ich wäre beunruhigt, wenn es keine Reaktionen gegeben hätte», sagte Susanne Wille an einer Veranstaltung des Swiss Media Forums in Zürich dazu und betonte, dass die SRG nicht auf ihre Einstellungsentscheide zurückkommen wird. Auch wenn viele Kulturschaffende, Professoren, Wissenschaftler und andere Interessenvertreter das forderten. Fazit: Eigentlich ist es beim Fernsehen ein wenig wie im Fussball: Alle wissen, wie’s anders gemacht werden sollte. Besser natürlich.

Susanne Wille wollte zwar schon mit zwölf Jahren Journalistin werden, hat aber, wie sie selber sagt, ihre Karriere nie so genau geplant. Während des Studiums arbeitete sie als Flugbegleiterin, blickte immer neugierig in die Welt und startete ihre makellose Journalistenlaufbahn im Aargau (siehe Box nebenan). Dort, in Villmergen, ist sie als mittleres von drei Kindern auch aufgewachsen. Ihr Vater, wie die Mutter ein Pädagoge, politisierte als Mitglied der CVP im Aargauer Grossen Rat. Und im Aargau lebt sie noch heute. Mit ihrem Mann, dem ehemaligen «Tagesschau»-Moderator Franz Fischlin, wohnt sie in Boniswil am Hallwilersee, wo sie das ganze Jahr über schwimmen geht. Zusammen haben sie drei Kinder. Dazu kommen zwei erwachsene Kinder aus Fischlins erster Ehe.

Auffallend ist, dass sich Susanne Wille auch während ihrer Zeit als Bildschirmgrösse stets zurückhielt mit gut bezahlten externen Moderationen. Im Gegensatz zu andern SRF-Aushängeschildern, die so gut wie überall auftreten, beschränkte sie sich auf zwei Top-Events: das Swiss Economic Forum in Interlaken und das Swiss Media Forum in Luzern. Gelegentlich moderierte sie auch Diskussionsrunden am Weltwirtschaftsforum in Davos. Dabei profitierte sie von ihrem Sprachtalent: Sie beherrscht Deutsch, Französisch, Italienisch, Englisch, Spanisch und Portugiesisch. Auch einen Kurs in Rätoromanisch hat sie absolviert. Das Diplom sei allerdings leicht verstaubt, sagt sie.

Susanne Wille bringt Zuversicht in die SRG 3

«Die Einstellungsentscheide sind gefallen.»

Gerade dieses fast vornehme Zurücknehmen der eigenen Person habe man ihr immer hoch angerechnet, heisst es im SRFStudio Leutschenbach. Und man hofft inständig, nicht zuletzt natürlich im eigenen Interesse, dass Susanne Wille die gigantischen Herausforderungen meistert. Dass das Einsparen von 270 Millionen Franken und die digitale Neuausrichtung des Senders nicht eine Mission Impossible wird. Denn der Gegenwind, in dem die gebührenfinanzierte SRG schon seit einigen Jahren steht, bläst heftig wie kaum je zuvor. Und die ganz grossen Sparpakete sollen in zwei Titelstory Schritten erst ab 2027 aufgelegt beziehungsweise so richtig spürbar werden.

Bis Dezember 2023 hat Susanne Wille berufsbegleitend eine gut einjährige Managementausbildung an der Business School IMD in Lausanne absolviert. 60 Prozent der Kosten von 115 000 Franken hat SRF übernommen. Im Gegenzug musste Wille sich verpflichten, ihr Wissen für drei Jahre der SRG zur Verfügung zu stellen. Sollte sie das Unternehmen früher verlassen, müsste sie etwas zurückzahlen. Es ist eine Gefahr, die mittlerweile minim geworden ist. Etwas grösser ist da schon die Möglichkeit, dass die 51-Jährige den bevorstehenden knallharten Kampf um die Zukunft der SRG gewinnt. Es würde ihr in der Schweizer Mediengeschichte einen Platz für die Ewigkeit sichern.

«Sie kann sich einen Platz für die Ewigkeit sichern.»

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DIE SRG UND IHRE AUFGABEN

Die SRG (Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft) in der Deutschschweiz bzw. SSR (französisch Société suisse de radiodiffusion et télévision, italienisch Società svizzera di radiotelevisione, rätoromanisch Societad svizra da radio e televisiun) in der Westschweiz und im Süden und Südosten des Landes ist ein Verein mit Sitz in Bern und Trägerin des grössten Unternehmens für elektronische Medien in der Schweiz.

Ihr Angebot ist vorwiegend auf die Schweiz bezogen. Die SRG arbeitet unter einer Konzession des Schweizer Bundesstaats, die ihr umfangreiche Aufgaben im Dienste der allgemeinen Öffentlichkeit (Service public) überträgt. Zudem ist sie Mitglied der Europäischen Rundfunkunion.

Bisherige SRG-Generaldirektoren
1936–1950: Alfred Walter Glogg
1950–1972: Marcel Benzençon
1972–1981: Stelio Molo
1981–1987: Leo Schürmann
1988–1996: Antonio Riva
1996–2010: Armin Walpen
2011–2017: Roger de Weck
2017–2024: Gilles Marchand

Wie viel sie verdienten
Der Vorgänger von Susanne Wille, Gilles Marchand, kam auf ein Jahressalär von 517 950 Franken (Vorjahr: 514 184), SRG-Verwaltungsratspräsident Jean-Michel Cina erhielt für einen 50-Prozent- Posten 153 000 Franken.

DIE LAUFBAHN VON SUSANNE WILLE

Die erste Frau in der Generaldirektion der SRG studierte Geschichte, Anglistik und Journalistik an den Universitäten Fribourg, Zürich und Edinburgh. Sie arbeitete zuerst als Videojournalistin beim Aargauer Regionalsender TeleM1 und wechselte 2001 zum Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) als Reporterin und Moderatorin des Nachrichtenmagazins «10 vor 10». Von 2011 bis 2016 war sie als politische Korrespondentin in Bern bei der Politsendung «Rundschau» tätig. Ihre Arbeit als Politjournalistin wurde mehrfach ausgezeichnet. Nachdem Susanne Wille ab 2016 Führungsverantwortung bei der digitalen Transformation des Newsrooms bei SRF übernommen hatte und das Qualitäts- und Steuerungsboard im Newsroom leitete, prägte sie als Mitglied des Kernteams den Strategie- und Organisationsentwicklungsprozess SRF2024. Im Juni 2020 nahm sie Einsitz in die Geschäftsleitung von SRF und übernahm die Leitung der Abteilung Kultur von SRF. Im gleichen Jahr wurde sie stellvertretende Direktorin von SRF und Mitglied der Geschäftsleitung von 3sat, dem Gemeinschaftssender von SRG, ARD, ZDF und ORF. Susanne Wille hat sich in digitaler Strategie und Changeprozessen weitergebildet und einen betriebswirtschaftlichen Masterstudiengang am IMD in Lausanne absolviert.

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