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Hausi – Dauerbrenner ohne Ablaufdatum

In seinem 85. Altersjahr ist Hans «Hausi» Leutenegger in Hochform. Der erfolgreiche Unternehmer, Bob-Olympiasieger und Filmschauspieler redet seit Jahren vom Kürzertreten. Viel ist davon freilich nicht zu bemerken. Und das ist gut so.

von Karl Wild*

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Quäle deinen Körper, sonst quält er dich.

Es ist der Dienstag nach dem Zürcher Sechseläuten, zu dem er immer eingeladen ist. Hausi Leutenegger hat in seiner Wohnung in Wil SG übernachtet, jetzt ist er in seiner Attikawohnung in Freienbach SZ. Vom Stress am Zürcher Frühlingsfest, wo er von Menschen zeitweise fast erdrückt und mit Blumen zugedeckt wurde, ist ihm nichts anzumerken. Er wirkt so aufgeräumt, gutgelaunt und fit wie immer. Sein Gedächtnis ist übrigens auch glattweg phänomenal. Wie er das macht, wie er mit bald 85 Jahren besser in Form ist als mancher Fünfzigjährige, ist eine der Standardfragen, die ihm seit Jahren gestellt wird. «Quäle deinen Körper, sonst quält er dich», sagt er dann. Schon zwanzig Liegestützen am Morgen seien besser als gar nichts. Bei ihm sind es täglich zwischen vierzig und fünfzig. Anschliessend legt er sich auf den Rücken und zieht die Beine an. Immer und immer wieder. Er macht es auf dem Wohnzimmerboden gleich vor. Zum täglichen Ritual gehört auch das Glas Appenzeller jeden Abend.

«Ich will nur noch das Positive hören und sonst nichts.»

Die Hans Leutenegger AG mit acht Niederlassungen in der Schweiz und zwei in Deutschland beschäftigt über tausend Monteure, die sie an Unternehmen ausleiht. Demnächst feiert die Firma mit Hauptsitz in Genf ihr 60-Jahr-Jubiläum. Vor fünfzehn Jahren übergab Hausi die operative Verantwortung seinem CEO Urs Vögele, Sohn Jean- Claude ist VR-Präsident. Und seither geniesst der Firmengründer das Leben erst recht in vollen Zügen. Über den Geschäftsverlauf ist er zwar stets genau informiert, doch er will nur das Positive hören. «Alles andere muss ich mir nicht mehr antun.»

Sechs bis sieben Mal im Jahr hält er Vorträge in Firmen jeder Grössenordnung und folgt Einladungen, sofern die Anlässe ihn interessieren. Zweimal pro Woche fährt er fünfzig bis sechzig Kilometer mit dem Velo («kein E-Bike»), einmal noch spielt er Golf. Das Golfturnier, das er seit Jahrzehnten für Freunde veranstaltet, ist legendär. Seit etwa zehn Jahren erklärt er mit Nachdruck, es sei das letzte. In diesem Jahr findet es im August natürlich trotzdem wieder statt. Hausi wird dann sagen, es sein nun wirklich das allerletzte gewesen – und alle freuen sich aufs nächste.

Vier bis fünf Monate im Jahr verbringt er mittlerweile auf Gran Canaria in seiner Villa in Maspalomas. Tja, die Villa. Sie sei die schönste auf der Insel, heisst es, und das ist sie wohl auch. Die Feste, die hier gefeiert wurden, bleiben wohl einzigartig. Hausi feierte mit Familien, Schwestern, Brüdern und Gästen Weihnachten, Neujahr, Geburtstage und weiss ich was alles. Gab es mal nichts zu feiern, feierte man um des Feierns willen. Die Grillwürste wurden jeweils direkt aus St. Gallen eingeflogen. Wer einmal dabei war, vergisst das Spektakel nie.

Hausi kaufte die Villa vor vierundvierzig Jahren von einem Madrider Geschäftsmann. Die beiden Gärtner übernahm er gleich mit. Heute sind es deren Söhne, die die Anlage pflegen. Hausi ist bekannt als unglaublich treue Seele. Seine andere Traumvilla liegt im waadtländischen Rolle direkt am Genfersee und steht jener in Maspalomas kaum nach. Allein der Bootssteg, der die schnittige Jacht in den See gleiten lässt, ist glatte zwei Millionen Franken wert. Dazu kommt eine Villa in Genf. «Wir haben wohl über hundert Liegenschaften in zehn Kantonen», sagt Hausi beiläufig.

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Der Mann aus dem Flecken Bichelsee hat eine Märchenstory geschrieben.

Lange deutete überhaupt nichts darauf hin, dass der junge Mann aus dem Thurgauer Flecken Bichelsee, eines von acht Kindern, je eine Märchenstory schreiben würde. Das Schlüsselerlebnis, das alles veränderte, war eine kleine Begebenheit im niederländischen Leeuwarden, wo Hausi im Jahr 1964 zusammen mit einem einheimischen Team Maschinen montierte. Alle mussten täglich die Stempeluhr bedienen, nur einer nicht. Erstaunt erkundigte sich Hausi einmal nach dem Grund, und die Antwort ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. «Ich arbeite zwar hier, bin aber von einer andern Firma angestellt», erklärte der Mann. «Mein Chef leiht mich aus, weil es hier zu wenig Leute gibt. Er verdient viel Geld mit mir, aber er bezahlt mich auch gut.» Hausi fand keine Ruhe mehr und sah keinen Grund, wieso sich das Geschäftsmodell nicht auf die Schweiz übertragen lassen sollte. Er holte seinen Opel Rekord und fuhr heim nach Bichelsee, wo der Opel den Geist aufgab. Er feierte Weihnachten mit der Familie, machte sich anschliessend auf den Weg nach Genf und gründete im Januar 1965 die Hans Leutenegger AG.

«Erfolgreich zu sein, habe ich nicht in der Schule gelernt.»

Zu den ersten Kunden, die bei ihm Monteure ausliehen, gehörten die Schokoladefabrik Suchard und der Pneuhersteller Firestone. Danach setzte eine Art Schneeballeffekt ein, und zwar mit ungeheurer Wucht. Hausi arbeitete während der ersten Jahre tagsüber wie ein Verrückter und holte am frühen Morgen Monteure, die sich verschlafen hatten, auch einmal persönlich aus dem Bett. Abends klopfte er die Bahnhofbuffets zwischen Genf und Solothurn ab, um Monteure anzuwerben. Den Serviertöchtern steckte er für sachdienliche Hinweise 80 Franken zu.

Der durchschlagende geschäftliche Erfolg ermöglichte es ihm je länger, desto mehr, sich auch den angenehmeren Seiten des Lebens zu widmen. Als gefeierter Unternehmer und Bob-Olympiasieger von Sapporo 1972 stieg er ins Filmbusiness ein und drehte Filme an der Seite von Weltstars wie Klaus Kinski und Lewis Collins. Dass sich die Medien rasch für die neue, schillernde Figur interessierten, lag auf der Hand. Und Hausi spielte auch auf dieser Klaviatur meisterhaft. Die «Schweizer Illustrierte» mit ihm auf dem Titelblatt verkaufte sich besser als jene mit Tony Rominger, Maria Walliser oder David Hasselhoff.

Wenn Hausi heute von Firmen gebeten wird, über seinen Weg nach oben zu referieren, warnt er stets vor Übermut und Selbstüberschätzung. «Ein Mensch beherrscht vielleicht drei Dinge, aber niemals dreissig», sagt er. Er selber könne eigentlich wenig, aber das Wenige habe er stets zu perfektionieren versucht. Er kokettiert auch gern damit, dass er kein Studierter sei. «Was mich erfolgreich gemacht hat, habe ich nicht in der Schule gelernt, sondern im Leben.»

Er habe das Privileg gehabt, in einer ungemein spannenden Zeit viele hoch interessante, erfolgreiche Menschen kennenlernen zu dürfen, denen er das eine oder andere abgeschaut habe. Reich geworden sei er aber vor allem dank seinem Instinkt. Und dank seiner Menschenkenntnis. «Ich merke sehr rasch, ob einer für oder gegen mich ist», sagt er. «Das hat den grossen Vorteil, dass man die Situation sofort im Griff hat.»

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Zufrieden, wenn er eine Zigarre rauchen kann und keine Krawatte tragen muss: Hausi Leutenegger.

Es gab denn auch nicht viele Situationen, die er nicht im Griff hatte oder sie in den Griff bekam. «Ich hatte ein wunderbares Leben», sagt er, obwohl er auch schwere Schicksalsschläge verkraften musste und das eine oder andere Mal gar dem Tod vom Karren sprang. «Wenn du einmal achtzig bist, ist jedes weitere Jahr ein geschenktes und man akzeptiert, dass man mit dem Ende leben muss», fügt er an. Dann erhebt er sich, fast wie ein Jüngling, plötzlich vom Tisch und geht hinunter an den Briefkasten. Dort trifft er zufällig gerade auf die Briefträgerin. Er macht ihr ein schönes Kompliment und steckt ihr beiläufig ein Zwanzigernötli zu. Einfach so. Es scheint ihm fast so viel Freude zu bereiten wie der tief gerührten Frau. Fazit? Hausi bleibt Hausi.

*Karl Wild ist Autor der Biographie «Hausi Leutenegger – ein bisschen Glück war auch dabei» (Verlag Huber, 2009).

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Geniesser am Pool in Maspalomas.

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EINE ERSTE FERIENREISE MIT HINDERNISSEN

Im Sommer 1958 startete Hausi zusammen mit seinem Bruder Hugo und zwei Schulkollegen zu seiner ersten Ferienreise überhaupt. Ziel war das Tessin, von dem sie alle viel gehört hatten. Unterwegs war man selbstverständlich mit dem Velo. Für die Bahn reichte das Geld bei weitem nicht. Am Vierwaldstättersee, wo die erste Übernachtung geplant war, schüttete es derart, dass an das Aufstellen des Zeltes nicht zu denken war. So schlich sich das Quartett in einen Heustall und schlief wunderbar. Die nächste Zwischenstation war der Campingplatz in Luzern. Dort wurden sie nach zwei Tagen allerdings zum Teufel gejagt. Es wurde nicht akzeptiert, dass sie zu viert in einem Zweierzelt hausten. «Vermutlich waren wir auch etwas zu laut», räumt Hausi ein. Das Grüppchen kam dann für eine Nacht noch in einer Jugendherberge unter, doch die grosse Ferienstimmung war irgendwie weg. Einstimmig wurde darauf beschlossen, wieder heim nach Bichelsee zu fahren. Lugano, auf das sich alle so sehr und ganz besonders gefreut hatten, sahen sie erst Jahre später.

MEINE KARRIERE ALS VERTRETER

«Im Jahr 1963 legte ich mein blaues Überkleid ab und startete in eine neue Zukunft. Ich wurde Vertreter und verkaufte einen Schaumreiniger für Teppiche namens Capex. Es sei ein Wundermittel, behauptete der Mann, der mich angestellt hatte. Den Liter sollte ich für 24 Franken an den Mann oder die Frau bringen, 8 Franken durfte ich behalten. Der Durchbruch gelang mir an einem Gründonnerstag, als ich sieben Flaschen Capex verkaufte. Ich wurde zum neuen Starvertreter ernannt und sollte gleich einen Neuling namens Brunner anlernen.

Wir fuhren los und hielten schliesslich vor einem schmucken Einfamilienhaus am Hönggerberg. Eine Frau Abegglen versicherte uns, wir kämen wie gerufen. Ihre Enkel hätten auf dem Sofa nämlich einen grossen Tintenfleck hinterlassen. Wenn wir den wegbrächten, sollten wir es nicht bereuen. Gefühlvoll begann ich also mit dem Schwamm über den Flecken zu reiben, doch der wurde zu meinem Entsetzen immer grösser. Jeder Dummkopf musste sehen, dass das ein Fiasko würde. Leise Panik kam in mir auf, doch dann hatte ich die Lösung. Munter versicherte ich Frau Abegglen, für solche Fälle hätte ich unten im Auto selbstverständlich eine Lösung. Nur Brunner staunte, weil er nie etwas von einem zweiten Wundermittel gehört hatte.

Dann war ich im Auto und machte mich blitzartig aus dem Staub. Meine Karriere als Vertreter war beendet. Auch Brunner sah ich nicht wieder. Zehn Jahre später, kurz nach dem Olympiasieg, erhielt ich einen Brief von ihm. Nachdem ich das Gegenmittel im Auto nicht gefunden hätte, sei er von Frau Abegglen mit Schimpf und Schande aus dem Haus geprügelt worden, klärte er mich auf. Er hätte deshalb ein Nachtessen zugute. Ich habe es ihm gern bezahlt. »

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