Riva del Garda mit Delia Crameri

Delia Crameri
Riva del Garda
53 Gäste folgten der Lockung und fuhren mit mir und unserem Chauffeur Willi Stettler im Doppeldeckerbus auf der Autobahn A4 (Mailand-Venedig) nach Riva del Garda. Der Wetterbericht zeigte für alle Tage nichts als puren Sonnenschein.
Unsere Reise führte uns vorbei an malerischen Städte Norditaliens, bis ins Herz des Trentino – nach Riva del Garda, wo Berge und See auf besonders schöne Weise verschmelzen. Dazwischen lagen viele Eindrücke, historische Orte, kulinarische Genüsse und unvergessliche Ausflüge.
Unsere Fahrt führte uns durch Gegenden in denen es sich lohnen würde, einige Tage zu verbringen.
Von Chiasso nach Como – ein Hauch von Seide und Strom
Kaum überquerten wir bei Chiasso die Grenze, eröffnete sich uns der Blick auf den Lago di Como. Dieser tiefblaue See, eingerahmt von sanften Hügeln, ist nicht nur ein Postkartenmotiv, sondern auch ein Ort voller Geschichte. Como, einst reich durch die Seidenproduktion, besticht mit einer charmanten Altstadt und der beeindruckenden gotisch-romanischen Kathedrale. Leider haben wir keine Zeit für einen Stop, aber vielleicht bei einer anderen Gelegenheit? Weit ist es ja nicht.
Der Comersee ist mit 425m der tiefste See in der EU und der tiefste See in Europa ausserhalb Norwegens.
Ausserdem stammte Alessandro Volta, der große Physiker und Erfinder der Batterie, aus Como. Seine Entdeckung – die „Voltasche Säule“ – veränderte die Welt.
Mailand – Mode, Macht und Meisterwerke
Weiter geht’s vorbei an der Metropole Mailand, Italiens pulsierendem Wirtschaftszentrum. Hier vereinen sich Mode, Design und Kunst auf engstem Raum. Jeder kennt wohl den imposanten Mailänder Dom mit seinen über 3000 Statuen und Leonardo da Vincis weltberühmtes „Letztes Abendmahl“, das im Kloster Santa Maria delle Grazie hängt.
Monza – mehr als nur Motorsport
Nur wenige Kilometer ausserhalb Mailands wird Monza angezeigt, das viele als Formel-1-Stadt kennen, mit dem „Autodromo Nazionale“, dem „Tempel der Geschwindigkeit“, der ältesten permanenten Rennstrecke in Europa, wo die leidenschaftlichen Tifosi (Ferrari Fans) für eine Gänsehaut-Atmosphäre sorgen und die sehr schnelle und sehr technische „Curva Albereto“, ehemals Parabolica-Kurve, schon manchem Fahrer zum Verhängnis wurde.
Monza hat mehr zu bieten als quietschende Reifen. Erinnern wir uns an die historische Seite mit der königlichen Villa Reale der Habsburger. Ein Meisterwerk des neoklassizistischen Baustils, heute ein Ort der Kunst, Geschichte und der Erholung. Ein Besuch wert ist auch die Altstadt, mit romanischer Kathedrale. Gut zu wissen, wenn man bei einem Italien-Besuch den überfüllten Touristenorten entfliehen will.

Bergamo – ein Spaziergang durch zwei Welten
Bergamo, die Geburtsstadt von Gaetano Donizetti, überrascht: die Unterstadt ist modern und geschäftig, während die Città Alta – die Oberstadt – wie ein lebendiges Museum wirkt. Einen Spaziergang entlang der venezianischen Mauern, auf der Piazza Vecchia einen Donizetti-Cocktail schlürfen oder gar in der Gelateria „La Marianna“ ein Original Stracciatella-Eis von Enrico Panattoni geniessen…ich kann im Bus leider nur Kaffee, Mineralwasser, Bier, Prosecco und Wein servieren, aber mit ein bisschen Fantasie…
Brescia – römische Wurzeln und italienischer Stolz
In Brescia beginnt der Übergang zur Region Venetien. Die Stadt, auch als „Löwin Italiens“ bekannt, blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Römische Überreste wie das Capitolium und das Forum zeugen davon. Hoch über allem thront das mittelalterliche Castello di Brescia mit herrlichem Blick auf Stadt und Umland.
Franciacorta – hier entsteht Italiens Antwort auf Champagner – feinperliger Schaumwein mit Charakter.
Südlich von Brescia durchqueren wir die sanft geschwungene Hügellandschaft der Franciacorta, eine der renommiertesten Weinregionen Italiens. Hier wächst nicht nur Wein, sondern auch ein Lebensgefühl: ruhig, elegant, genussvoll. Auf kalk- und tonhaltigen Böden, unter dem Einfluss des nahegelegenen Iseosees, gedeihen vor allem Chardonnay, Pinot Nero und Pinot Bianco – ideale Voraussetzungen für die Herstellung von Franciacorta-Schaumwein.
Im Gegensatz zum bekannteren Prosecco wird Franciacorta – ähnlich wie Champagner – nach der klassischen Flaschengärmethode („metodo classico“) hergestellt. Das Resultat: elegante, feinperlige Schaumweine mit komplexem Aroma und bemerkenswerter Struktur.
Aus der Gegend um Brescia stammt auch einer der bekanntesten Natursteine Italiens. Tiefe Klüfte ziehen sich durch die Landschaft zwischen Brescia und Gardasee, die Kalkstein-Brüche des „Marmo Botticino“ oder Botticino-Kalkstein. Der cremefarbene Stein hat es sogar zu uns in die Schweiz ins Bundeshaus geschafft. In der Kuppelhalle des Parlamentsgebäudes stehen die drei Eidgenossen vom Künstler James Andre Vibert, 24 Tonnen schwer, ein einzigartiges Stück ausländischer Steinbearbeitung in unserem Bundeshaus, in dem hauptsächlich Materialien aus der Schweiz verarbeitet wurden.
Am Späten Nachmittag erreichen wir das Südufer des Gardasees. Zwischen den Ausfahrten Desenzano del Garda und Peschiera del Garda erhebt sich in der Ferne eine schmale Landzunge in den glitzerneen See – Sirmione. Der malerische Ort, bekannt für seine Scaliger Burg, Themalquellen und die romantische Altstadt mit den vielen Gelaterie, werden wir auf unserer Reise noch ausgiebieg besuchen. Die Gäste im oberen Stock unseres Busses sind definitiv im Vorteil und sehen mehr, als wir anderen im unteren Stock. Dafür sind wir näher an der Kaffeemaschine und den Kühlschränken. Trotz Klimaanlage ist es warm im Bus und sehr heiss ausserhalb, was wir alle zwei Stunden bei unseren Pausen spüren.

Wenn man aufmerksam ist und das Wetter klar, sieht man von der Autobahn aus in der Ferne den markanten „Turm von San Martino della Battaglia“ (Torre die San Martino) – als stille Erinnerung an die blutigen Kämpfe von Solferino. Hier nahm ein weltverändernder Gedanke seinen Anfang – Henry Dunants Vision von neutraler Hilfe für alle – aus diesem Impuls heraus wurde das Internationale rote Kreuz gegründet.
Leider können wir mit unserem grossen Bus nicht an der westlichen Seite des Gardasees Richtung Norden fahren. Wir müssen rechts über die Brennerautobahn, der Hauptverbindung entlang der östlichen Gardasee-Region. Zwar nicht direkt am See, aber zwischen dem Seeufer und dem Monte-Baldo Massiv, grösstenteils in der Region Venetien. Eine Region voller malerischer Orte, Weinbau, Olivenhainen, Zitrusfrüchten und aus einer Mischung aus mediterranem Flair und alpinem Hintergrund.
Feriengefühl stellt sich ein und Freude auf ein paar Tage dolce vita.
Ankunft in Riva del Garda – in der autonomen Region Trentino
Gegen 18 Uhr begrüsst uns am Nordufer Riva del Garda mit seiner spektakulären Lage, eingebettet zwischen steilen Bergen und türkisblauem Wasser. Hier werden wir drei Tage im Hotel Centrale, direkt am Hauptplatz wohnen. Alle sind froh, am Zielort angekommen zu sein. Im Hotel erwartet uns ein feines Nachtessen. Die Zentrale Lage unseres Hotels und der laue Abend lädt uns ein, auf der Piazza zu sitzen oder einen ersten Spaziergang durch die charmanten, engen Gassen der Altstadt, gesäumt von Cafés und Boutiquen zu unternehmen.
Wir haben drei Tage Zeit, Riva del Garda kennen zu lernen. Die Uferpromenade lädt zum entspannten Flanieren ein, der 34 m hohe Wachturm Torre Apponale aus dem 13. Jahrhundert bietet nach 165 Stufen einen traumhaften Ausblick. Oben thront der „Anzolim de la Tor“, eine goldene Wetterfahne in Engelgestalt. Die Festung Rocca erzählt von der bewegten Vergangenheit der Stadt – einst Teil des Habsburgerreichs. Der Brunnen „Fontana della Sirenetta – Mignon“, eine kleine Meerjungfrau aus Bronze ziert diesen Brunnen am Seeufer – ein beliebter Treffpunkt. Der Bildhauer Aroldo Pignattari schuf sie 1985 als Hommage an Goethes „Mignon“.
Nicht nur wir, auch Kaiserin Sisi, Elisabeth von Österreich, erlag dem Charme der Stadt und des Gardasees. Sie wählte Riva mehrmals als Rückzugsort. Heute erinnern Gedenktafeln und historische Hotels an ihren Aufenthalt.
Wer mag, besucht die „Bastione Veneziano“. Hoch über der Stadt wacht die venezianische Festung aus dem 16. Jahrhundert – erreichbar zu Fuß oder per Panoramaseilbahn.
Die zwei gut erhaltenen Stadttore Porta San Michele und Porta San Marco erzählen von mittelalterlicher Stadtverteidigung.
Teile der alten Stadtmauern sind noch heute in Häuser integriert – typisch für historische italienische Städte.

Dienstag: Ausflug zum Ledrosee – Natur und Bronzezeit
Ein Abstecher ins ruhige Ledrotal bringt uns zum gleichnamigen See – kristallklar, ruhig und auf 655 m über dem Meer sind die Temperaturen etwas frischer. Besonders spannend sind die bronzezeitlichen Pfahlbauten, entdeckt beim Bau eines Kraftwerks. Das Museum vor Ort erzählt anschaulich vom Leben vor über 3000 Jahren.
Ein Highlight unseres Ausfluges ist die Farmacia Foletto in Pieve di Ledro – Apotheke, Museum und Manufaktur zugleich. In der historischen Werkstatt sehen wir antike Geräte, Kräuterextrakte und ein Herbarium aus den 1890er Jahren. Die Familie Foletto produziert Kräuterliköre wie den „Picco-Rosso Likör“ und den „Stomatica Foletto“, Sirupe und Cremes – alles handgemacht. Verkostung inklusive!
Den freien Mittwoch nutzen unsere Gäste individuell. Am Morgen ist Markt in Riva del Garda – Kleider wohin das Auge reicht. Ich kaufe auch ein. Zu verlockend sind die Preise für die Sommerkleidchen. Und es ist so heiss, immer zwischen 36 und sogar 40 Grad. Da brauche ich unbedingt lockere Kleider. Ich habe viel zu wenige eingepackt. Und nicht nur ich, vielen Besuchern von Riva geht es offenbar genauso. Es wird eingekauft. Den Nachmittag nutzen einige Gäste zum Baden im Gardasee, andere unternehmen einen Bootsausflug nach Limone. Eine Gruppe besucht den Varone-Wasserfall, nur 3 km von Riva entfernt: ein 100 m hoher Wasserfall in einer engen Felsspalte, umgeben von üppigem Grün. Die Schlucht ist seit 1874 zugänglich – einst besuchten ihn sogar Kaiser Franz Joseph, Kafka und Thomas Mann.
Ich sitze gemütlich vor unserem Hotel, immer erreichbar für die Gäste. Die Hitze macht mich leicht nervös. Hoffentlich trinken alle genug, hoffentlich erleidet niemand einen Hitzeschlag…die Temperaturen sind brutal und gefährlich. Es geht alles gut, am Abend treffen sich alle Gäste wieder im Speisesaal und erzählen von ihren Erlebnissen.

Donnerstag: Tagesausflug nach Lazise & Sirmione- die Perle des Gardasees
Unser letzter Ausflug führt uns zunächst nach Lazise – eine mittelalterliche Stadt am Ostufer des Gardasees. Die intakte Stadtmauer, Türme und kleine Gassen erzählen von der Vergangenheit. Lazise war übrigens die erste freie Kommune Italiens im 10. Jahrhundert. Es ist Vormittag, die Temperaturen erträglich. Wir geniessen unseren Rundgang durch das Städtchen.
Am Mittag werden wir in Sirmione zum Pizzaessen erwartet. Es sind 40 Grad, der Schweiss fliesst in Strömen. Das Restaurant wird mit unzähligen Ventilatoren angenehm gekühlt. Die Holzofenpizze schmecken allen. Zusammen mit unserer lokalen Führerin bespreche ich das Programm des Nachmittgas. Den geplanten kleinen Stadtrundgang müssen wir vergessen. Die geplante Bootsfahrt nach Garda wollen die Gäste unbedingt erleben. Wir kommen nicht drum herum, die rund 20 Minuten zum Bootshafen in der Stadt zu laufen. Langsam, sehr, sehr langsm, jeden Flecken Schatten nutzend, bewegen wir uns vorwärts. Vorbei an der Scaliger Burg am eingang zur Altstadt, die niemanden interessiert. Beim Bootshafen suchen alle ein schattiges Plätzchen und verbringen die Zeit bis zur Abfahrt des Bootes mit kalten Getränken und Gelati. Ich lasse es mir nicht nehmen, durch die Stadt zu schlendern. Das muss für mich einfach sein.
Die Bootsfahrt nach Garda – mit Blick auf das Seeufer, die sanften Hügel und die bunten Häuser, zeigt uns die wunderschöne Gegend aus einem anderen Blickwinkel. Ein gelungener Abschluss, der uns das „dolce vita“ noch einmal intensiv spüren lässt.
Viel zu schnell ist Freitag und wir fahren bereits wieder zurück in die Schweiz.
Die Reise bot eine perfekte Mischung aus Natur, Geschichte, Genuss und Entspannung. Riva del Garda und seine Umgebung haben uns mit ihrer Vielfalt überrascht.
Ein Erlebnis, das in Erinnerung bleibt – reich an Eindrücken, Begegnungen und Momenten, in denen die Zeit einfach stehen blieb.
Ich danke unseren Gästen für die tollen Tage, ihrem Mitwirken am Gelingen der Reise, den wertvollen Gesprächen, dem guten Humor und dem gelungenen, sehr angenehmen miteinander unterwegs sein. Und natürlich unserem Chauffeur Willi, der mit seinen Sprüchen einen grossen humoristischen Beitrag dazu leistete, unsere Lachmuskeln zu strapazieren. Auch wenn ich das Opfer seiner Sprüche war, hin und wieder schlucken musste, Zeit brauchte für die richtige Antwort zum Kontern…schlussendlich behielt ich immer das letzte Wort. Gell Willi, wir waren ein tolles Team, eine tolle Gruppe. Schön war es mit euch allen in Riva del Garda.
Delia Crameri



